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Sport heute

Der ewige Streit der Dassler Brüder: Adidas vs. Puma

Autor: Christian Wolf

In der Geschichte der Dassler Brüder geht es in erster Linie um legendäre und weniger legendäre Zerwürfnisse zwischen Geschwistern. Die geschäftlich erfolgreichen Dassler Brüder Adolf und Rudolf scheiterten vorrangig an sich selbst. Ihre Marken Adidas und Puma gehören zu den erfolgreichsten Sportmarken der Welt und finden im Fußball und vielen anderen Sportarten auch im Profibereich Verwendung. Das ist allerdings der Verdienst ihrer Söhne. Rudi Dassler stand immer im Schatten seines Bruders, auch als Sportmoden-Macher. Dabei hatte alles vielversprechend begonnen.

Zusammen hatten die Brüder Adi und Rudolf Dassler in den Zwanzigerjahren eine Schuhmanufaktur in Herzogenaurach gegründet: die „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“. Während Vater Dassler Filzpantoffeln hergestellt hatte, wollten sich die Dassler-Brüder an Erfolgversprechenderem versuchen: an Sportschuhen. Eigentlich hätten sich der Visionär und Tüftler (Adolf) und das Verkaufstalent (Rudolf) prima ergänzen können. Mit ihrer „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“ hatten sie den Grundstein zum Erfolg gelegt. Doch es kam anders. Statt Energien zu bündeln, bekriegten sich die Gebrüder Dassler über Jahre.

Rivalen - Wenn die Verwandtschaft Ärger macht | Made in Germany

Zur Zeit der NS-Diktatur war das Unternehmen zunächst nicht sehr erfolgreich. Die Rettung brachte US-Sprinter Jesse Owens – jedenfalls indirekt. Neben der kriegsbedingten Herstellung von Panzerabwehr-Waffen hatte das Unternehmen der Dassler Brüder dafür gesorgt, dass US-Sprinter Jesse Owens in Dassler-Sportschuhen vier Goldmedaillen gewann. Dem Vernehmen nach war Adolf Hitler wütend darüber, dass ein Amerikaner durch die Schuhe der Gebrüder Dassler zum Siegertypen wurde. Dennoch zerstörten die Nazis die Fabrik der Brüder nicht. Sie sahen durch den Erhalt des Unternehmens die Möglichkeit, bei nächster Gelegenheit Goldmedaillen für „arische“ deutsche Sportler einzuheimsen. Doch der Krieg hatte die Dassler Brüder hoffnungslos entzweit.

Rudolf musste an die Front, Adi nicht. Er wurde aus unbekannten Gründen als systemrelevant eingestuft. Rudolf bezichtigt Adi, sich durch Beziehungen vor der Front gedrückt zu haben. Er zeigt Adi bei den Alliierten an. Angeblich habe Adolf Zwangsarbeiter beschäftigt. Dieser Vertrauensbruch war nicht zu kitten. Anschließend gingen die Gebrüder Dassler getrennte Wege. Die Belegschaft der Gebrüder Dassler Schuhfabrik erfuhr nach nächtlichen Besprechungen, dass beide ab sofort ein eigenes Unternehmen führen wollten. Die meisten Mitarbeiter und Schuhmacher bleiben bei Adi. Der sportliche Rudolf, der Puma genannt wurde, nahm die komplette Vertriebsleitung mit. Der erbitterte Konkurrenzkampf zweier deutscher Sportmarken war vorgegeben – und der jahrelange Privatkrieg der Adidas Puma Brüder erst recht. Adi, der Visionär, zierte seine Sportschuhe fortan mit drei Streifen. Da die deutsche Nationalmannschaft 1954 mit Adidas-Schuhen die Fußball-WM gewann und Weltmeister wurde, war Adis Ruf zementiert. Rudolf gratulierte ihm schriftlich. An dieser Stelle hätten die Adidas Puma Brüder wieder zueinander finden können. Doch weit gefehlt.

Der ewige Dassler Brüder Streit

Was in Kriegszeiten vorgefallen ist, ist nicht mehr zur Gänze zu klären. Jahrelang verdächtigten sich die Brüder, den jeweils anderen ausgestochen oder denunziert zu haben. Auch wenn Rudolf die Entwicklung von Fußballschuhen mit Schraubstollen zu verdanken ist, stand seine Sportmarke „Puma“ immer im Schatten von Adidas. Zu Weltruhm konnte erst sein Sohn Armin Dassler Puma führen. Damit wurde jedoch der Konkurrenzkampf auf Horst Dassler und den Sohn von Rudolf Dassler erweitert. Die Verwerfungen zwischen den Dassler-Brüdern verschlimmerten sich auch, weil die Ehefrauen sich schon früh in den Bruderzwist einmischten. Spätestens ab 1946, als Rudolf Dassler aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde, herrschte offener Krieg zwischen den Dassler Brüdern. Obwohl die Firmensitze der Gebrüder Dassler nur einige wenige hundert Meter entfernt in Herzogenaurach lagen, sprachen sie angeblich kein Wort mehr miteinander. Rudolfs Söhne, Gerd und Armin, zerstritten sich später. Streitigkeiten gab es außerdem zwischen Adolfs Sohn Horst Dassler und Rudolfs Sohn Armin. Deren Väter hatten Jahre zuvor eine Absprache über Vertragsabschlüsse getroffen. Diese betrafen Sportler und Sportvereine.

Jeder der Adidas Puma Brüder wollte Top-Athleten als Werbeträger für sein Unternehmen verpflichten. Ein „Friedensabkommen“ zwischen Adolf und Rudolf Dassler betraf den Vertragsabschluss mit dem brasilianischen Top-Fußballer Pelé. Rudolf hielt sich jedoch nicht an sein Versprechen. Er verpflichtete Pelé für Puma. Das sah Adolf als Kriegserklärung an. Die Konflikte erstreckten sich von den verfeindeten Brüdern auf die Dasslers der nächsten Generation. Ob Adi und Rudolf tatsächlich 26 Jahre kein einziges Wort miteinander wechselten, ist nicht bekannt. Die Dasslers legten manches offen – aber nicht alles. Bekannt ist, dass Adis Familie nach dem Tod des Bruders anno 1974 keine posthume Würdigung in Betracht zog. Obwohl die Familie des Verstorbenen darum gebeten hatte, verweigerte Adi jeden Kommentar.

Die Dunkle Seite der Dassler’s

Dass Adolf der dominante in der brüderlichen Beziehung war, war bekannt. Sein Anspruch war, die besten Topathleten seine Adidas-Schuhe tragen zu lassen. Rudolf korrigierte ihn, indem er auf seinen Anteil am Unternehmen verwies: „Du meinst: in unseren Schuhen!“. Zunehmendes Misstrauen und die unverhohlene Dominanz des einen spalteten die Dassler Brüder. Aus brüderlichem Konkurrenzkampf wurde mit den Jahren blanker Hass. Adi war skrupelloser und erfolgsorientierter als Rudolf. Beide Dassler Brüder traten 1933 – angeblich aus geschäftlichen Gründen – in die NSDAP ein. Politisch aktiv waren sie nachweislich nicht. Rudi wurde eingezogen. Adi musste Panzerfäuste herstellen. Er sollte außerdem leichtere Sportschuhe entwickeln, die Adolf Hitler sportliche Erfolge bei der Olympiade, etwa im Olympia Handball, sichern sollten. Adi wurde deswegen nicht an die Front geschickt. Ob er freiwillig zum Hersteller von Kriegswaffen wurde, darf bezweifelt werden. Doch Rudolf unterstellte ihm, sich dank seiner NSDAP-Verbindungen vor dem aktiven Kriegsdienst gedrückt zu haben.

Rudolf desertierte schließlich. Er versteckte sich bis Kriegsende im Dassler-Haus. Nach seiner Entdeckung wurde er beinahe vor ein Standgericht gestellt und erschossen. Amerikanische Truppen internierten Rudolf später wegen seiner NSDAP-Vergangenheit. Adi kümmerte sich derweil um das Unternehmen. Um den internierten Bruder scherte er sich wohl nicht. Der Bruch war unvermeidlich. Die Dasslers vollzogen die Trennung 1948. Die Teilung des brüderlichen Unternehmens in Adidas und Puma war unvermeindlich. Das Vertrauen war dahin. Angeblich hatte Adi seinen Bruder an die Alliierten verraten, um ihn auszuschalten. Rudolf denunzierte daraufhin seinen Bruder als Nazi-Kollaborateur.

Die heranwachsenden Söhne von Adi und Rudolf übernahmen die feindselige Haltung der Väter. Die Dasslers der nächsten Generation wollten sich durch lukrative Vertragsabschlüsse beweisen. Jede Geldsumme war recht, um dem Familien-Konkurrenten Weltstars wegzuschnappen. Das viele Geld weckte bei den umworbenen Sportgrößen Begehrlichkeiten. Außerdem wurden öfter unlautere Mittel eingesetzt, um Erfolge zu verbuchen. Während Adi und Rudolf trotz aller Konkurrenz Anstands-Grenzen eingehalten hatten, taten beider Söhne das nicht. Sie kämpften mit harten Bandagen um Marktanteile. Das Horst Dassler Adi Dassler nacheiferte, ist kein Wunder. Ihre Unternehmer-Väter konnten nach dem Krieg vom Aufstieg des Fußballs zum Volkssport profitieren. Trotz geschäftlicher Erfolge bewarfen die Dasslers sich mit gegenseitigen Beschuldigungen. Sie führten Prozesse gegeneinander und wurden zu „ziemlich besten Feinden“. Adi wurde wegen seiner Sportschuhe zum „Heldenmacher von Bern“. Rudolf hatte das Nachsehen.

Gab es einen Dassler Brüder Film?

Zwei Dassler Brüder Filme befassten sich mehr oder weniger dokumentarisch mit den Dassler Brüdern. Der ARD-Film „Die Dasslers“ wurde 2016 auf dem Filmfest München vorgestellt. Dem Regisseur ging es um eine möglichst wahrheitsgetreue Erzählung. Intensive Recherchen über die Dassler Brüder wurden unter anderem in Archiven der „Adi & Käthe Dassler Memorial Foundation“ durchgeführt. Für RTL wurde fast zeitgleich „Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und Puma“ gedreht. Premiere war ebenfalls 2016. Interessanterweise wurde dieser Dassler Brüder Film vor seiner Erstausstrahlung Puma-Mitarbeitern gezeigt. Die Presse bekam eine Vorab-Aufführung zu sehen. Doch der Film über die Dasslers wurde kritisch beurteilt. Sein Wahrheitsgehalt wurde angezweifelt. Das Fernsehpublikum war dem Sender gewogener. Der Film über die Gebrüder Dassler fuhr gute Einschaltquoten ein. Ob je ein Dassler Brüder Film aufdecken kann, was den lebenslangen Zwist nährte, ist fraglich. Der historische Hintergrund lässt vermuten, dass der Zwist der Dassler Brüder nicht nur geschäftlicher Konkurrenz geschuldet war. Vermutlich prallten bei den Gebrüdern Dassler zwei unterschiedliche Mentalitäten und Weltbilder aufeinander. Am Ende stand echter oder gefühlter Verrat zwischen den verfeindeten Brüdern.

Die Geschichte der Dassler Brüder ist auch eine Familientragödie

Ein Zitat von Adolf über seinen bereits an Lungenkrebs erkrankten Bruder ist überliefert: „Wir haben seit 26 Jahren nicht mehr miteinander geredet. Er braucht keinen Bruder, sondern einen Arzt.“ Die familiäre Tragödie riss tiefe Gräben der Verachtung – bis in den Tod. Die tragische Geschichte „Horst Dassler Adi Dassler“ erfuhr aber auch Wendungen. Verbürgt ist, dass sich 2016 der neue Adidas Vorstandschef Kasper Rorsted zu Gesprächen mit seinem Puma-Kollegen Björn Gulden traf. Auch deren Vorgänger Jochen Zeitz und Herbert Hainer trafen sich gelegentlich. Mannschaften beider Unternehmen verabredeten ein Fußballmatch. Die unternehmerische Konkurrenz wurde befriedet. Die persönliche nicht. Die Brüder blieben bis zu ihrem Tod unversöhnliche Gegner.

Adi Dassler Schuhe und das Wunder von Bern

Adi Dassler Schuhe hatten die ersten Schraubstollen, welche Adidas und die Nationalmannschaft zu großen Erfolgen verhalfen. Doch Konkurrent Puma ist natürlich der Überzeugung, dass ihr Firmengründer Rudolf Dassler den Schraubstollen erfand. Fakt ist, dass ein deutscher Schuhmacher die ersten Schraubstollen erfunden hatte. Rudolf Dassler hatte diese als auswechselbare Schraubstollen mit einem Gewinde in der Sohle weiterentwickelt. Dokumente belegen, das Rudolf bereits 1948 – also nach Gründung von Puma – mit Schraubstollen herumexperimentierte. Archivaufzeichnungen belegen, dass bei Puma erst anno 1952/53 erstmals Schraubstollenschuhe eingesetzt wurden. Dumm ist nur, dass Adolf Dassler zeitgleich mit Schraubstollen experimentierte. Angeblich habe Adolf schon 1949 patentierte Fußball-Schraubstollen auf den Markt gebracht. 1952 habe Adidas ein neues Schraubstollen-System erfunden. Diese hätten, zusammen mit den leichten Fußballschuhen von Adidas, den Weltmeistertitel in Bern geholt.

Was machen die Dassler Erben mit dem Vermögen?

Die Nachkommen des Adidas-Gründers verkauften ihre Firmenanteile. Das machte sie reich, entledigte sie aber ihrer Bedeutung. Jetzt wollen die Dassler-Enkel Klaus, Horst und Stefan Bente mit millionenschweren Start-ups neue Anfänge machen. Die „Legacy of Adi Dassler“ unter der Firmierung „LeAD“ ging im Jahre 2016 an den Start. Mittlerweile gehört das Unternehmen, namentlich Lead Sports & Health Tech Partners, zu den führenden Investment Plattformen für Sports & Tech Unternehmen. Und die Dassler Enkel kooperieren erneut mit dem Adidas Konzern. „Mein Großvater wäre sehr stolz auf unsere Arbeit bei Leads und noch stolzer auf diesen Moment der Heimkehr, in dem wir mit dem von ihm gegründeten Unternehmen eine Partnerschaft eingehen“, so Horst Bente. Der Plan, junge und aufstrebende Unternehmen zu fördern, ist sicher ganz im Sinne des Großvaters. Mit LeAD wieder an eine große Familientradition anschließen zu können, ist „ein großes Erlebnis“. Adidas und LeAD können sich so gegenseitig behilflich sein, mit dem Primärziel, Start-Ups durch Investmenttätigkeiten sukzessiv zu fördern.

 

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Wo stehen beide Dassler Unternehmen heute?

Ex-Bundestrainer Sepp Herberger spielte im Konkurrenzkampf eine tragende Rolle: Zunächst war er Puma zugeneigt. Herberger wechselte aber 1951 nach Streitigkeiten um Lizenzgelder zu Adidas. Von da an spielte Puma die zweite Geige im Sportgeschäft.

Erfreulicherweise sind Adidas und Puma heutzutage neben Nike oder Asics Weltmarktführer. Im Jahr 2021 konnte Adidas 21,02 Milliarden Euro Umsatz verbuchen. Der Gewinn beläuft sich auf rund 2,1 Milliarden Euro. Puma machte 2021 immerhin 6,81 Milliarden Umsatz, der Konzerngewinn beläuft sich auf etwa 309,6 Millionen Euro. Puma beschäftigt etwa 16.125 Mitarbeiter. Als Vergleich, im Jahre 2021 arbeiteten rund 61.401 Mitarbeiter für Adidas, etwas weniger als noch 2019, wo rund 65.190 Angestellte dort beschätigt waren. Mittlerweile spielt ein Großteil der Spieler der heutigen Bundesliga Torschützenliste in Schuhen von Adidas oder Puma.